Weinbau wurde in der Niederlausitz sowohl von den Bürgern der Städte als auch von den Grund- und Gutsherrschaften und der bürgerlichen Bevölkerung betrieben. Nur in Guben und
wohl auch in Sommerfeld wurde er als Haupterwerb, sonst aber meist nur als Nebenerwerb ausgeübt110. Die Grund- und Gutsherrschaften hielten sich zur Bewirtschaftung ihrer Weinberge
fachgerecht ausgebildete Weinmeister oder Winzer, welche nicht nur die Weinbergsarbeiten durchzuführen, sondern auch die Herstellung des Weins zu besorgen hatten111. Sie wohnten
meist in besonderen Winzerhäusern auf oder neben den Weinbergen, in denen oft auch die Weinpressen untergebracht waren. Vielfach mussten die dienstpflichtigen Untertanen den Winzern bei den
Weinbergsarbeiten und der Weinlese zur Hand gehen. Beispielsweise hatten in Meiersdorf und Witzen die Hofeleute in den Weinbergen zu arbeiten, zu schneiden, zu brechen und zu senken, so oft
es verlangt wurde. In Senftenberg waren die Bewohner der sieben Amtsdörfer verpflichtet, auf die kurfürstlichen Weinberge Dünger zu fahren, Weinpfähle zu hauen, auszuziehen und abzulegen,
zweimal im Jahre zu hacken, Wein zu lesen und die Zäune und Umfriedungen der Weinberge in Ordnung zu halten. Außerdem hatten sie auf ihren Fuhrwerken den gewonnenen Most in die Hauptkellerei
nach Dresden zu schaffen. Dafür stand ihnen u.a. das Recht zu, für ihre eigenen Weinberge in den kurfürstlichen Waldungen Weinpfähle zu schlagen. Gelegentlich kam es wegen dieser
Dienstleistungen auch zu Streitigkeiten zwischen den Bauern und ihrem Grundherrn. So beklagten sich 1556 die Bewohner der Dörfer Weißack und Zwietow bei Kahlau, dass Joachim v. Köckritz von
ihnen u. a. gefordert habe, seinen Weinberg zu hacken, wozu er nicht befugt sei112. Auch in den Städten hielten sich wohlhabende Bürger oft einen Winzer113. Die Gubener
Gerichtsordnung von 1586 bestimmte, dass er, wenn er sich verdingte, das ganze Jahr auszuhalten und seine Arbeit zu rechter Zeit und treulich zu verrichten habe, bei Strafe gefänglicher Haft.
Wem die Sachkunde fehlte, dem war nicht gestattet, eines anderen Weinstock zu verhauen, bei Strafe des Halseisens. Für die Hilfsarbeiten im Weinberg und für die Weinlese wurden in Guben meist
Tagelöhner angeworben. Deren Endlohnung war vom Rat der Stadt festgesetzt und betrug von Martini (11. Nov.) bis Mitfasten (=Lätare: März bis April) 18 Pf., von da an bis Michaelis 2 Groschen
und durfte nicht überschritten werden, dazu erhielten sie zu Mittag etwas zu essen und Cofent (Dünnbier) zu trinken114. 1567 bekamen in Guben die Leser am Tage zwei Groschen und
Vesperbrot, die Treter und Träger sechs Fürstengröschlein112. Als eine Besonderheit des Gubener Weinbau wird 1790 hervorgehoben, dass die Gubener Winzer die Weinstöcke den Winter
über nicht bedeckten, sondern sie jeder Witterung Preis gaben, um die Reben nicht zu verzärteln55. Zum Schutze gegen das Wild und andere Eindringlinge waren die Weinberge meist von
Zäunen, Hecken oder Wällen umgeben.
Angebaut wurde sowohl weißer (blanker) als auch roter Wein. Während in Guben im 16. und 17. Jahrhundert Weißwein nicht nur in größerer Menge geerntet, sondern auch teurer bezahlt wurde, trat im 18. Jahrhundert der Anbau von Rotwein in den Vordergrund. Über die in der Niederlausitz angebauten Rebsorten erfahren wir nur relativ wenig. Nach Poppo waren es an Weißweinen hauptsächlich Silvaner (volkstümlich "Scherwaner"), Traminer ("Terminer"), Blanker Schönedel, Grüner Schönedel und Elbinger oder Elblinger, an Rotweinen Hartroter oder Kurzblauer, Kleberoter oder Böhmischer und Blauer Schönedel. Die in Guben und auch in Senftenberg am meisten angebaute Sorte war im 18. Jahrhundert der Kleberote oder die Böhmische Rebe, der hierzulande am besten reif wurde und den Colerus als "der beste rote Wein'' charakterisiert. Er lieferte einen recht süßen, gelinden und gleich nach dem ersten Jahr trinkbaren, wenn auch weniger haltbaren Wein. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts werden in Guben außer dem Kleberoten noch Traminer, Muskateller, Gelbfränkischer, Pfalzgräflicher und Malvasier, als geringere Sorten auch Hainischer und Lamprischer enwähnt116. Nach Poppo wurde früher auch sehr viel der Hartrote oder Kurzblaue kultiviert, von dem jedoch Colerus schreibt: "Hartroth der taugt nit / dann er wird selten reiff." Ähnliche Rotweinsorten waren der Welkrote und der Grünrote.
Später wurden außer den Landsorten auch mehr und mehr bessere Sorten angepflanzt. So ließ der Neuzeller Abt Martinus um 1740 Setzlinge aus Burgund kommen und die Pomologische Gesellschaft in Guben führte 1807 die Burgundertraube und 1818 die Ortlieber Traube ein. 1821 wies ein Verzeichnis der Pomologischen Gesellschaft elf weiße und acht rote in Guben derzeit angebaute Weinsorten auf117. Desungeachtet hielten sich alte bewährte Sorten wie der Hartrote und der Kleberote bis an das Ende des feldmäßigen Anbaus.