zeitliche Schichtung des Lausitzer Weinanbaus Teil II


das 19. Jahrhundert

Der schneelose harte Winter 1802 zu 1803, in dem die meisten Weinstöcke erfroren, und die bald darauf folgenden Notjahre der Napoleonischen Kriege förderten den Rückgang des Weinbaus zudem sehr. 1825 traf man in der Niederlausitz bereits auf zahlreiche Lokalitäten, welche zwar noch den Namen „Weinberg“ führten, aber jetzt mit Kiefern bewachsen waren oder eine dürftige Roggenernte gewährten, und selbst bei der Mehrzahl der Städte gab es zahlreiche ehemalige Rebanlagen, „auf denen gegenwärtig nicht eine Spur von Weinstöcken mehr zu sehen ist“. Trotz einiger Bestrebungen den Weinanbau in der Niederlausitz wieder voranzutreiben, war die Tendenz auch weiterhin rückläufig. Die 1820 in Preußen eingeführte Besteuerung der Weinerträge war nicht dazu angetan, die Lust am Weinbau zu heben. Immerhin hielt sich eine ganze Anzahl von Weinbergen noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Zum Beispiel gab es 1840 im Kreise Luckau noch auf 13 Gemarkungen Weinberge, und auch die 1852 durchgeführten Erhebungen von Berghaus verzeichnen noch vielfach Weinberge, deren geringe Erträge und Bedeutung jedoch häufig hervorgehoben werden. Die Bestimmungen des Deutschen Zollvereins (1834) und die Inbetriebnahme der Eisenbahnen (1846 Berlin-Guben-Sommerfeld-Breslau, 1866 Berlin-Lübben-Cottbus-Spremberg-Görlitz), durch welche die ehedem hohen Zoll- und Transportkosten für die besseren auswärtigen Weine erheblich gesenkt wurden, machten den Niederlausitzer Weinbau vollends unrentabel. 1864 verzeichnet die amtliche Statistik im Untersuchungsgebiet noch 77 Gemeinden mit Weinbauflächen, vier Jahre später aber nur noch ganze 10 Orte mit Weinbau. Am längsten gehalten hat sich in der Niederlausitz der Weinberg von Krossen Kreis Luckau, auf dem noch bis 1926 Weinbau betrieben wurde.

An die Stelle des Weinbaus trat vielerorts der Obstbau. Zum Beispiel sollte 1804 der 13 Acker große Weinberg am Vw. Kleinhof bei Doberlug aufgelassen und mir 1200 Kirschbäumen bepflanzt werden29. Meistens waren die Weinberge aber auch schon vorher mit zahlreichen Obstbäumen besetzt107. In Guben wandten sich die hauptberuflichen Winzer einem intensiven Obst- und Gemüsebau zu, der bis zu den Verwüstungen des zweiten Weltkrieges in Blüte stand. Die Gubener Baumblüte auf den mit mehr als 100 000 Obstbäumen bepflanzten Gubener Bergen war berühmt und lockte alljährlich viele Besucher an. Noch heute werden die Gubener Gemüsebauern nach inzwischen erfolgter Umsiedlung auf das westliche Neißeufer landläufig als „Winzer“ bezeichnet. Anderenorts verwandelte man die aufgegebenen Weinberge in Garten- oder Ackerland, forstete sie mit Kiefern auf oder ließ sie überhaupt liegen, sodass sie sich mit Sandtrockenrasen und Kiefern- und Eichenanflug überzogen108. Nicht selten lassen sich auf diesen Weinbergen noch heute die alten Terrassen erkennen, und hier und da findet sich auch noch ein altes Weinberghäuschen. Als Flurname ist die Bezeichnung „Weinberg“ vielfach geläufig, und verschiedentlich tragen Ortsteile, Ausbauten und Förstereien offiziell den Namen „Weinberg“ oder „Weinberge“, wie z.B. in Schilda, Göllnitz, Pretschen, Groß Breesen und Spremberg, wie denn auch noch verschiedene „Weinbergstraßen“ und gelegentlich auch ein Gemeindewappen109 die Erinnerung an den früheren Weinbau wachhalten.

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das 20.- und 21. Jahrhundert

An einigen Stellen wurden die ehemaligen Weinberge aber auch von Sand- und Kiesgruben angenagt und aufgezehrt, und in den Braunkohlengebieten der Niederlausitz sind viele schon durch den Bergbau vom Erdboden verschwunden.

Weinanbau in der ehemaligen DDR wurde nur an wenigen Orten betrieben, der meistens einer Linie südlich Berlins anzutreffen war. Erst 1985 wurde wieder ein Weinberg auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg aufgerebt. Auf dem ca. sechs Hektar großen Wachtelberg bei Werder / Havel wächst seitdem wieder ein hervorragender Qualitätswein. Der Lausitzer Weinbau wurde sicherlich durch viele private Winzer nie richtig eingestellt, aber Weinanbau, der in der Öffentlichkeit auch wahrgenommen wurde, etablierte sich erst wieder nach der Wiedervereinigung. So waren es u.a. Gunter Schurig aus Lausitz bei Bad Liebenwerda, Hans-Wilhelm Richter aus Neuzelle oder der Winzerverein in Schlieben, die den öffentlichkeitswirksamen Weinanbau in der Lausitz zu neuem Leben erweckten.

Die beiden Anfang der 1990-iger Jahre bestehenden Anbauflächen in Brandenburg wurden nach dem Mauerfall den Qualitätsanbaugebieten Sachsen (Schlieben) und Saale-Unstrut (Werder/Havel) zugeordnet, da es für das Land Brandenburg zu dieser Zeit noch keine Rebrechte gab. Die Mehrzahl der auf 30 ha begrenzten Rebrechte gehört heute zu dem im Jahr 2007 zugelassenen Landweingebiet Brandenburg. Dieses Weingebiet macht nur ca. 0,03 % der Weinanbauflächen Deutschlands aus, wobei die meisten Flächen im Süden Brandenburgs, also in der Niederlausitz, liegen. Trotzdem entwickelte sich der Weinanbau sehr gut und kann heute „mit Klasse, statt Masse“ durchaus mit anderen Weinanbaugebieten Deutschlands in Sachen Qualität und Vielfalt mithalten. So gibt es im Jahre 2017 wieder 14 Winzer oder Weinbauern in der Niederlausitz, die als Verein, als Gewerbetreibende oder im Nebenerwerb ihren Wein der immer größer werdenden Fangemeinde anbieten. Eine geschickte Auswahl der Rebstöcke, wie z.B. Frostresistenz bis ca. -25oC, Neuzüchtungen für den besonderen rekultivierten Boden und nicht zuletzt der sogenannte Klimawandel begünstigen die Renaissance des Niederlausitzer Weinanbaus. Der Weinanbau in der Oberlausitz war bekanntlich schon immer schwierig und große Anbauflächen gab es hier noch nie. Einzig die beiden Klöster St. Marienthal in Ostritz und das Schwesterkloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau bei Kamenz bauten bis 1890 Wein an. Der Weinberg vom Kloster St. Marienthal wurde 1986 verpachtet und wieder aufgerebt. Der strenge Winter 1996/97, sowie Schädlingsbefall machten eine Neupflanzung mit pilz- und frosttoleranten Sorten, wie z.B. "Saphira" und "Sirius" notwendig. Bis heute wird der Weinberg von einigen Familien aus der Region mit guten Erträgen  betrieben.

Neuigkeiten und weitere geschichtliche Aufarbeitungen werden auch in Zukunft auf www.lausitzer-weinfreunde.de veröffentlicht.